Sternentstehung: Stabilität eines Sterns

Am Ende des vierten Beitrags dieser Reihe waren wir bei der Zündung der Kernfusion von Wasserstoffkernen zu Helium-4 angekommen. Damit war die letzte Station der Sternentstehung erreicht. Es bleibt noch zu untersuchen, warum durch die Kernfusion das Schrumpfen der ursprünglichen interstellaren Gaswolke im entstandenen Stern zum Stehen gekommen ist.

Thermische und gravitative Energie sind im hydrostatischen Gleichgewicht

Vor Beginn der Kernfusion wurde die steigende thermische Energie der Gaswolke durch ihre Kontraktion erzeugt. Durch das Zusammenstürzen der Wolke wurde potentielle Gravitationsenergie in thermische Energie (Wärme) umgewandelt. Die zunehmende Kontraktion der Gaswolke muss aber irgendwann gestoppt werden, wenn ein stabiler Stern dabei entstehen soll. Eine neue Energiequelle muss her! Ein weiterer Befund legt diese neue Energiequelle nahe: Vergleicht man den bekannten Energieverlust der Sonne durch Strahlung mit dem Gewinn an thermischer Energie durch Kontraktion, wird klar, dass die Sonne längst erloschen wäre, wenn nicht eine andere Energiequelle zur Verfügung stehen würde.

Stabilisierender Regelkreis im Inneren von Sternen

Vereinfachte Darstellung des stabilisierenden Regelkreises im Inneren von Sternen: Steigerung der Kernfusionsrate durch Temperaturerhöhung und der kühlenden Gasexpansion halten sich die Waage.

Wie schon im letzten Beitrag gezeigt stellt die Kernfusion diese neue Energiequelle bei der Kontraktion der Gaswolke dar. Während die Gravitation weiter wirkt und die verbleibende Gaswolke zusammenziehen will, wird die Temperatur der neuen Sonne unabhängig von der Gravitation durch die Kernfusion erhöht. Es bildet sich ein sich selbst regulierendes Gleichgewicht (hydrostatisches Gleichgewicht) zwischen der Kontraktion durch Gravitation und der Ausdehnung durch Erhitzen aus. Eine Kontraktion würde die Rate der Kernfusion erhöhen und damit die Energieerzeugung und in der Folge auch die Temperatur des Sonnengases ansteigen lassen. Die entsprechend höhere Geschwindigkeit der atomaren Bestandteile des Sonnengases würde dann dessen Expansionsstreben befeuern. Expansion bedeutet aber eine Zunahme der potentiellen Energie und damit eine Abnahme der atomaren Geschwindigkeiten – also eine Abkühlung. Kühlere Sonnengase bedeuten eine geringere Rate der Kernfusion, wodurch weniger thermische Energie erzeugt wird. Das Gas kontrahiert wieder. Und der Regelkreislauf beginnt von vorn. Thermische Expansion und gravitative Kontraktion halten sich so fein abgestimmt die Waage und der Stern bleibt stabil.

Warum hängt die Kernfusionsrate von der Temperatur ab?

Um eine Kernfusion überhaupt zu ermöglichen, muss die Geschwindigkeit der stoßenden Atomkerne groß genug sein, um die Coulomb-Abstoßung der Kerne bis zu einer Annäherung auf Kerndurchmesser zu überwinden. Ab dann übernehmen die bei kleineren Kernabständen überwiegenden Starken Kernkräfte das Regime und bewirken die Verschmelzung der Atomkerne. Die Geschwindigkeit der Atomkerne vor dem Stoß wird durch die Maxwell-Boltzmann-Verteilung beschrieben: Die mittlere Geschwindigkeit der Gasatome ist umso größer, je höher die Temperatur ist. Wenn die Temperatur steigt, erhöht sich auch der Anteil der Atomkerne, deren Geschwindigkeit zur Überwindung der Coulomb-Abstoßung ausreicht. Es finden also mehr Kernverschmelzungen pro Zeiteinheit statt, wodurch mehr thermische Energie und damit Wärme erzeugt wird.

Temperaturabhängigkeit der Kernfusionsrate

Plausibilisierung der Temperaturabhängigkeit der Kernfusionsrate: Bei höherer Temperatur gibt es gemäß Maxwell-Boltzmann Verteilung mehr Atomkerne, deren Geschwindigkeit oberhalb der Schwelle zur Überwindung der Coulomb-Abstoßung bei der Kernfusion ausreicht.

Zunächst hört sich das so an, als ob dies ein sich selbst verstärkender Mechanismus wäre. Es steht dem jedoch – wie erwähnt – die stärkere Expansion des Gases entgegen, die eine Kühlung verursacht und ein unkontrolliertes Anwachsen der Kernfusionsrate verhindert.

Wie lange bleibt ein Stern im Gleichgewicht?

Mit der Kernfusion als thermische Energiequelle kann der Energieverlust durch Abstrahlung von elektromagnetischer Strahlung (Licht) auf lange Zeit kompensiert werden. Der Stern bleibt stabil im Gleichgewicht. Da die Masse unserer Sonne, ihre chemische Zusammensetzung und ihre Energieabstrahlung bekannt sind, kann man errechnen, wie lange die Sonne bereits existiert. Nimmt man an, dass die Sonne nach ihrer Entstehung im Wesentlichen aus Wasserstoff bestand und noch wenig Helium vorhanden war, kann man über das heutige Mengenverhältnis Wasserstoff/Helium das Alter der Sonne auf ca. 4,5 Milliarden Jahre schätzen. Das Mengenverhältnis kann aus spektroskopischen Daten ermittelt werden, da Wasserstoff und Helium unterschiedliche Lichtspektren erzeugen.

Diese Daten legen auch nahe, dass unsere Sonne erst die Hälfte ihrer Lebenszeit hinter sich gebracht hat und noch weitere 4 bis 5 Milliarden Jahre scheinen wird. In dieser Beziehung müssen wir uns also keine Sorgen machen…

Schwerere Sterne als unsere Sonne dagegen haben eine deutlich geringere Lebensdauer. Denn es braucht höhere Temperaturen im Inneren der Sterne, um die größere Gravitationskraft im Gleichgewicht kompensieren zu können. Höhere Temperaturen bedeuten aber durch die größere Kernfusionsrate einen schnelleren Verbrauch an Wasserstoff. Je massereicher ein Stern ist, desto schneller verbraucht er seinen Brennstoffvorrat. Die schwersten Sterne leben nur einige Millionen Jahre!

Was passiert, wenn ein Stern seinen Wasserstoffvorrat verbraucht hat, liegt jenseits dieser Beitragsreihe über Sternentstehung. Vielleicht wird es hierzu eine neue Reihe geben. Falls Sie auch das Sterben der Sterne interessiert: Schauen Sie doch ab und zu mal auf unserer Website vorbei…

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.